Sinn und Zweck von Pflegestandards
Das Foto zeigt den Wetteifer zweier "Ärzteteams", die während einer Examensfeier, vor den Augen der geladenen Gäste, ein Krankenbett neu beziehen sollten. Das Team, welches diese Aufgabe am schnellsten und korrektesten erledigt hatte, erhielt einen Preis und natürlich besonderen Applaus.
Mit solchen Übung lässt sich der Wert eingespielter Handlungsmuster, im Unterschied zu dem Gezerre und Chaos wenn jeder den anderen behindert, weil keiner wissen kann was der andere als nächstes vorhat, überzeugend veranschaulichen. Auf jeden Fall war dieser Wettstreit sehr lustig.
Warum wir in Einrichtungen Standards brauchen!
Die ersten Standards denen ich zur Einführung verholfen habe, waren die sog. Bettenstandards. Veranlasst wurde dies durch Klagen unserer Krankenpflegeschüler/innen, dass auf jeder Station/Pflegegruppe eine andere Bettentechnik praktiziert würde, ja sogar jede Schwester ihre Eigenheiten praktiziere. Hierdurch wurde nicht nur die Einarbeitung auf einer neuen Station/Pflegegruppe unnötig erschwert, sondern es stellte sich auch heraus, dass hinsichtlich Hygiene und Wäscheverbrauch Unterschiede herrschten, die nicht vertretbar waren. Während einer Besprechung stellte ich diese Beobachtungen den Abteilungs- und Gruppenleitungen vor und gemeinsam mit der Pflegedienstleiterin vereinbarten wir die Einführung einheitlicher Bettenstandards, die für alle Mitarbeiter verbindlich sein sollten. Mit dem Umzug in ein neues Krankenhaus Ende 1979, wurden diese Standards eingeführt und von allen angenommen. Überhaupt hatte der bevorstehende Umzug den positiven Nebeneffekt, dass sich die Mitarbeiter auf vieles neu einstellen mussten und daher die Notwendigkeit problemlos eingesehen wurde, bestimmte Arbeitsbereiche zu standardisieren. So wurde z.B. festgelegt, welche Materialien in welcher Schublade oder Schrank, in welcher Menge bevorratet werden sollte. Dadurch brauchten Schüler nicht auf jeder Gruppe alle Schränke durchzustöbern, bis sie das Gesuchte fanden, auch die Nachtwachen und Aushilfskräfte konnten sich hierdurch überall schnell zurechtfinden.
Die Idee zur schriftlichen Standardisierung war und ist zunächst eine rein praktische. Warum sollten Pflegende Zeit und Kraft an Stellen vergeuden, die man sich sparen kann, indem man ein klares Konzept entwickelt, an das sich alle halten können. Werden auf jeder Station/Gruppe/Wohnbereich die gleichen Verrichtungen unterschiedlich gehandhabt, muss die Vorgehensweise jedem Schüler und neuen Mitarbeiter lang und breit erklärt werden - und da kommt einiges zusammen. Kritisch denkende Schüler wollen natürlich auch wissen, was der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, gegenüber der, die sie woanders kennen gelernt haben und mit der sie bis dahin gut zurecht gekommen waren. Nicht selten geraten die Gefragen hierdurch in Erklärungsnot, müssen zugeben, selbst nicht zu wissen, warum sie z.B. diese Art von Verbandsstoff verwenden und nicht den woanders verwendeten. Solange der Einkäufer einen teuren Verbandsstoff genauso selbstverständlich liefert, wie einen, vielleicht sogar noch besser geeigneten, preiswerteren, sehen sich Pflegende natürlich nicht veranlasst, ihre Gewohnheiten zu ändern. In innerbetrieblichen Fortbildungen, für die ich damals außerdem zuständig war, genauso wie im Krankenpflegeunterricht haben wir regelmäßig Methodenvergleiche durchgeführt, die dann gemeinsam analysiert wurden, um herauszufinden: mit welcher Methode man am sichersten, bequemsten, schnellsten und preiswertesten zum Ziel kommt. Auf diese Weise erspart man sich die, bei der Einführung neuer Standards, notwendige Überzeugungsarbeit, da die Praktiker selbst am Entwicklungsprozess beteiligt waren.
Ungeeignet sind hingegen demokratische Entscheidungsprozesse, da sich auf diese Weise regelmäßig solche Methoden mit dem größten Bekanntheitsgrad und Verbreitungsgrad durchsetzen, hingegen weniger bekannte Methoden keine Chance haben, auch wenn sie zehnmal besser geeignet wären.
Ich betone dies, weil viele Heim- und Pflegedienstleiter sowie Pflegekräfte die Entwicklung von Standards als eine Mehrbelastung und nicht als Entlastung sehen: "Wir müssen das, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist." Bei richtigem Verständnis und Herangehensweise, profitieren Unternehmen und Mitarbeiter jedoch mindestens so viel von dieser Qualitätssicherungsmaßnahme, wie die Patienten bzw. Bewohner bzw. Kunden. Wer nicht mit diesem Ziel und dieser Einsicht an Standardentwicklung und Qualitätssicherung herangeht, produziert erfahrungsgemäß nichts anderes als "Papiertiger". Außer Spesen nichts gewesen!
Auch Standardbeschreibungen die unklar oder zu weitläufig verfasst sind, fristen in der Regel ein unbehelligtes Dasein in einem Ordner.
Neben den praktischen Erwägungen orientieren sich die Stösser-Standards an einem bestimmten Pflegeleitbild und Qualitätskritierien.